Bildung

Inklusion in Bayern, wo wird das hinführen

Neulich auf einer Versammlung zum Thema Inklusion wurde ich zum ersten Mal detaillierter mit dem neuen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Inklusion in Bayern konfrontiert. Kurz zusammengefasst stellt sich die Situation gemäß diesem Entwurf wie folgt dar:

Es gibt sieben unterschiedliche Modelle von denen drei neu sind.

  • Einzelinklusion
  • Kooperationsklassen
  • Außenklassen, die nun Partnerklassen heißen
  • Offene Klassen von Förderschulen (neu)
  • Schulen mit dem Schulprofil “Inklusion” (neu)
  • Tandemklassen (neu)
  • Förderschulen bleiben als alternative Lernorte und Kompetenzzentren bestehen

Das Schulprofil “Inklusion” ist nach oben gedeckelt. Es gibt für Bayern nur eine begrenzte Zahl an Schulen (2011/2012 ca. 30, die etwa 1% aller Schulen ausmachen) die sich diesem Schulprofil anschließen dürfen. Alle anderen Schulen müssen die anderen Schulmodelle nutzen. Die Tandemklassen sind ebenfalls nur dem Schulprofil “Inklusion” vorenthalten.

Sofort stellt sich einem aber folgende Frage:

Das Wahlrecht der Eltern zu entscheiden, ob sie ihr förderbedürftiges Kind auf eine Regelschule oder eine Förderschule schicken wird durch den Gesetzesentwurf gestärkt. Was passiert nun, wenn mehrere Eltern gleichzeitig ihr förderbedürftiges Kind in dieselbe Klasse einer Regelschule einschulen wollen? In Anbetracht der existierenden Integrationsgruppen in Kindergärten ist diese Überlegung nicht abwegig sondern realitätsnah. Welches der bayerischen Modelle greift dann?

Einzelinklusion: Nein, denn in unserer Fragestellung geht es um mehrere Schüler gleichzeitig.

Kooperationsklassen: Nein, denn die Schüler können sehr unterschiedlich sein und kommen höchstwahrscheinlich nicht alle aus dem gleichen Förderschwerpunkt (wir gehen vom Kind aus und nicht von der theoretisch zuständigen Förderschule).

In Kooperationsklassen ist der Förderschwerpunkt jedoch festgelegt: In der Regel werden fünf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und/oder Verhalten zusammen mit weiteren Schülern ohne sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet.

Partnerklassen: Nein, denn hier ist eine Klasse von Förderschülern mit gleichem Schwerpunkt in einer Regelschule untergebracht (oder eine Regelschulklasse in einer Förderschule). Diese agieren in Abhängigkeit des Lehrers mit einer Partnerklasse der jeweils anderen Schulform. Die Förderschüler sind offiziell der Förderschule zugeordnet.

Offene Klassen von Förderschulen: Nein, denn ähnlich wie Partnerklassen, sind die Kinder der Förderschule zugeordnet. In dieser Klasse werden zusätzlich nicht förderbedürftige Kinder mitaufgenommen.

Schulprofil Inklusion: Ja, aber! Theoretisch müsste in diesem Fall das Schulprofil der “Inklusion” greifen. Dies ist eine Regelschule die den besonderen Zusatz “Inklusion” erhält. In dieser Schule sollen mindestens 10 Schüler mit diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache oder Verhalten unterrichtet werden. Falls Schüler mit höherem Förderbedarf oder anderen Förderschwerpunkten unterrichtet werden sollen, kann die Gesamtzahl der Schüler geringer sein. In diesem Modell werden der Schule zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt (z. B. in Form eines halben Sonderschullehrers), die andere Schulen nicht bekommen. Aber wie bereits erwähnt ist dieses Schulprofil gedeckelt. D.h. Schulen können in einer solchen Situation nicht einfach die zusätzlichen Ressourcen beantragen.

Tandemklasse: Genauso ja aber! Diese Form der Klasse soll es zukünftig ausschließlich an Schulen mit dem Schulprofil “Inklusion” geben. In der Tandemklasse findet ein gemeinsamer Unterricht von 7 Schülern mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten (mit sehr hohem sonderpädagogischen Förderbedarf) und nicht förderbedürftigen Kindern statt. Die Klasse wird im Tandem von Grundschul- und Sonderschullehrer unterrichtet. Die Klassenstärke von max. 25 ist nicht besonders gering.

Insofern wird die Fragestellung durch keines der Modelle befriedigend abgedeckt. Die “Lösung” für unsere Fragestellung sieht so aus, dass je nach Förderschwerpunkt der Schüler aus unterschiedlichen Förderschulen Sonderschullehrer in die Schule kommen; im Umfang des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes jeweils ca. 2h die Woche. Die restliche Zeit müssen die Schulen eigenständig abdecken. Aber wie?! Das werden sich die Mehrzahl der Schulen fragen. Auch die, die bereits mit Einzelinklusion, Kooperations- und Partnerklassen arbeiten.

Zitat von Herrn Spaenle (Quelle: Bildungsklick vom 28.03.2011) zum Gesetzesentwurf: “Herausragendes Ereignis”

In diesem Sinne

Banu Gollnick

Quelle der Modelle: Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen an den Grund- und Haupt-/ Mittelschulen im Schuljahr 2011/12, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

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